Dämmerschleier

Ich erwiderte das Nicken.
"Ganz meinerseits", sagte ich etwas abwesend.
Diese Fae schuldete mir noch immer eine Antwort.
"Und Einauge?
Das wollte diese junge Dame mir auch gerade erzählen.
Zumindest, was sie weiß."

Fae:

Aufmerksamkeit. Und das im Überschuss. Etwas, dass ich gar nicht leiden konnte. Zu mal mein aufgeblähter Bauch schmerzte und mir zugleich den größten Hunger und die schlimmste Übelkeit bescherte. Meine Schweifspitze zuckte hin und her, ich schluckte heiser und erzählte mühevoll: "I-i-ich wa-wa-war sei-seine Sch-sch-schülerin. D-d-doch da-da-dann ve-ve-versch-verschwand er, la-laut Bl-bl-blutwind wo-wo-wollte e-e-er z-z-zum Kr-kr-kräutersammeln u-und i-ist ni-nie wi-wi-wieder zu-zurück ge-ge-gekehrt. Wi-wi-wir su-suchten na-na-nach i-ihm, a-a-aber ver-vergebens."

Dämmerschleier

Wunderbar.
Nun würde dieser Jungspund die fremde Heilerin noch mehr verschrecken.
Am Ende würde sie gar nichts mehr sagen.
Und konnte keiner von ihnen den besonderen Geruch wahrnehmen, welcher von ihr ausging?
Ich seufzte.
"Dämonentänzer", sagte ich in einem leicht scheltendem Tonfall, "so redet man nicht mit einer Dame.
Besonders nicht, wenn sie ein Kind erwartet."
Zu der schüchternen Drachin sagte ich:
"Wenn du selbst bestimmte Vermutungen hast, dann erzähl sie uns ruhig", bat ich freundlich.
Auch wenn ich selbst es hassen würde, so ausgehorcht zu werden.
"Einauge ist sehr geschätzt von uns allen.
Sein Verbleib ist uns wichtig."

Fae :

Ich zog den Kopf zwischen die Schultern, um den trommelnden Fragen zu entgehen, schloss den Mund und presste nur die Schwingen enger an meinen Leib. Was ich über meinen Mentor dachte, träumte, blieb mein Geheimnis, nicht mal Blutstern wusste davon. Ich schwieg, denn nun konnten Blutwind und Silberglanz mich vernichtend treffen, meinen Gefährten zu einem gebrochenen Mann machen.

Dämmerschleier

Ich nahm Kältehauchs Geste deutlich wahr und mir entging auch nicht das Unbehagen der neuen Heilerin.
Und ich war mir ebenfalls sicher, dass es nicht nur mit ihrer Schüchternheit zusammenhing.
Gerne würde ich wissen, was es mit Einauges Verschwinden auf sich hatte und was diese Drachin verbarg.
Doch ein wenig ärgerte mich auch, dass ausgerechnet ich alleine mit ihr sprechen sollte.
Ja, sicher war ich eine Frau, aber Taktgefühl war nun mal nicht unbedingt meine größte Stärke.
Trotzdem nickte ich Kältehauch zu und zog die werdende Mutter zur Seite.
Leise und sanft sagte ich:
"Ich stimme ihm zu, du musst nichts sagen, das du nicht möchtest.
Und ich werde nicht versuchen, etwas aus dir herauszuquetschen.
Aber wenn es etwas gibt, das dich bedrückt, dann solltest du mit jemandem sprechen.
Zu viele Sorgen bekommen dem Kind nicht."
Aufmerksam beobachtete ich sie, während ich sprach.
Achtete auf jede noch so kleine Reaktion.
"Vielleicht hast du ja Angst.
Oder du schämst dich.
Und bestimmt möchtest du auch nicht, dass es jeder erfährt.
Das könnte ich verstehen.
Ich möchte dich nur wissen lassen, dass ich in Diskretion geübt bin.
Und dass ich bisher für so einige schwierige Probleme Lösungen gefunden habe."
Ich trat einen Schritt zurück und lächelte sie aufmunternd an.
"Sieh es als Angebot einer älteren Heilerin, die schon vieles gesehen und erlebt hat."

Fae :

Ich knirschte mit den Zähnen, ehe ich tief durch atmete und heftiger den Kopf schüttelte.
"Ich werde die Güte, die man mir entgegen brachte nicht mit Gerede zurückzahlen! "

Dämmerschleier

So?
Ich konnte es ihr nicht verübeln, dass sie mir nicht einfach so vertraute.
Schließlich kannten wir uns nicht, sie hatte keinen Grund dazu.
Aber mein Interesse war geweckt.
Ein wenig würde ich noch nachhaken.
Ich wollte wissen, was mit Einauge geschehen war.
Oder zumindest, was diese Frau über sein Verchwinden wusste.
Und was sie damit zu tun hatte.
"Ich verstehe.
Das ist sehr nobel und tugendhaft.
Es spricht dafür, dass du eine gute Nachfolgerin bist", sagte ich ohne den geringsten Hauch von Spott oder Ironie in meiner Stimme.
"Jedoch frage ich mich, worin diese 'Güte' wohl besteht, wenn sie dich mit solcher Beklommenheit hinterlässt."

Fae :

Ich schluckte und verzögert das Gesicht zu einem leidenden Gesichtsausdruck.
""E-er w-w-wird mi-mich un-um-umbringen..."

Dämmerschleier

Meine Augen verengten sich.
Mit einem Blick in alle Richtungen stellte ich sicher, dass wir nicht belauscht wurden.
Dann fragte ich leise:
"Wer wird dich umbringen?
Und warum?"