Thisia

"Jaaaa", murmelte ich.
So lange war sie wirklich noch nie weggewesen.
Selbst, wenn sie wirklich lange Jagen gewesen war.
Leise fragte ich:
"Weiß sie, wie man hier her kommt?"

Höllenstern:

"Wie gesagt. Sie hat mich oft genug besucht.", sagte ich mit leiser Stimme.

Thisia

"Ach so", murmelte ich.
Plötzlich stiegen mir Tränen in die Augen.
Was, wenn sie gar nicht mehr kommen würde?

Höllenstern:

"Wieso heulst du denn jetzt?", fragte ich verwirrt.

Thisia

"Mag Mama mich noch?", fragte ich schluchzend.
"Oder will sie nicht mehr kommen, weil ich unartig war?"

Höllenstern:

"Natürlich!", antwortete ich prompt und sah entrüstet auf das Balg herab.

Thisia

"Aber warum kommt sie dann nicht?", schluchzte ich.
Wo war sie nur?


Dämmerschleier -> Ankunft

Dämmerschleier

Ein wenig nach Luft schnappend erreichte ich den Felsen des Anführers.
"Es tut mir leid, zu stören, Höllenstern", begann ich.
"Aber im Lager geht man sich an die Kehle."

Höllenstern:

"WAS?!", mein Kopf ruckte herum, ich fletschte die Zähne und sprang rasch in die Luft.

Höllenstern -> Lagerplatz

Dämmerschleier

"Versteck dich, Kind!", rief ich der Kleinen zu.
Dann folgte ich Höllenstern.

Dämmerschleier -> Lagerplatz

Chroma -> Ankunft

Thisia

Ich hatte mich versteckt, wie die graue Drachin mir gesagt hatte.
Und so war ich lange alleine mit meinen Gedanken und meinen Tränen, die irgendwann versiegten und klebrige Spuren auf meiner Wange hinterließen.
Und Schmerzen in meiner Stirn.
Und Fragen.
Würde Mama wirklich zurückkommen?
Und was war mit Höllenstern?
Wo blieb er?
Müde rollte ich mich zusammen.
Mochte mich denn niemand mehr?
Erneut fühlte ich, dass ich weinen musste.

Doch plötzlich hob ich den Kopf.
Ganz deutlich hörte ich den bekannten Flügelschlag und roch den nur allzu vertrauten Duft. Begeistert sprang ich aus meinem Versteck hervor und überschlug mich dabei fast. Aus der Luft hörte ich das leise, helle Lachen und es gab keinen Zweifel mehr.
Sie war wirklich gekommen!
Sie mochte mich noch!
"Du solltest ein bisschen vorsichtiger sein, kleine Prinzessin", hörte ich Mama sagen, bevor sie auf dem Felsen landete und mich eng an sich zog.
"Ja, Mama", murmelte ich glücklich.
Sie leckte mir über den Kopf und schob mich dann etwas von sich.
Ihre schönen Augen blickten mich streng an.
"Und was hatte ich dir wegen Fremden gesagt?
Etwa, dass du mit ihnen mitfliegen sollst?"
"A-aber", stammelte ich, "Höllenstern ist doch kein Fremder!
Er ist doch dein Freund und er ist totaaaaaaaaal nett!"
Das Lächeln kehrte auf Mamas Gesicht zurück.
Doch es war ein bisschen komisch. Sie schaute mich nämlich an, wie sie es normalerweise tat, wenn sie meine Schürfwunden leckte.
"Nun, da hast du natürlich Recht, meine Kleine."
Sie kicherte leise, aber ich wusste nicht, warum.
Verwirrt legte ich den Kopf schief.
"Möchtest du bei ihm bleiben, kleine Prinzessin?", fragte sie.
"Bei ihm bleiben?", wiederholte ich perplex. "Ja, natürlich will ich bei ihm bleiben ...
Aber ... was ist dann mit dir, Mama?"
Sie beugte sich über mich, rollte mich spielerisch auf den Rücken und kitzelte mich vorsichtig mit ihren Krallen.
"Hast du schon vergessen, was ich dir gesagt habe?", flüsterte sie verschwörerisch. "Ich werde immer bei dir bleiben, solange du lebst."
"Ja, stimmt", kicherte ich und wand mich unter ihrer Berührung.
Ich konnte sehen, dass Mama sehr zufrieden mit mir war.
"Wo ist eigentlich Charoooon?", fragte ich neugierig.
"Hat er sich wieder schlecht benommen und darf Höllenstern deswegen nicht treffen?"
Wieder lachte Mama auf und wieder verstand ich nicht, warum.
"Du hast Höllenstern ganz schön ins Herz geschlossen, meine Kleine, nicht wahr?"
Mamas Augen glänzten bei dieser Frage.
"Ja, ich glaube schon", erwiderte ich fröhlich.
Schließlich war er ein unglaublich netter Drache!
"Gut so", sagte Mama.

Und ehe ich sie fragen konnte, was sie damit meinte, explodierte etwas in meiner Brust.
Mir blieb der Atem weg und ich war einen Augenblick lang wie gelähmt.
Dann wanderten meine Augen an meinem Körper herunter, doch ich begriff nicht, was geschah.
Reflexartig schnappte ich nach Luft.
Doch Mama packte mit einer Tatze grob meinen Kopf und hielt meinen Mund zu.
"Nicht schreien, mein Schatz!", hauchte sie schweratmend und ich spürte, wie sich der Schmerz vergrößerte.
Mein Blick verschwamm, ich wollte schreien, mich losreißen - doch ich konnte nicht.
Was geschah hier?
...
Warum?


Chroma

Genüsslich schloss ich die Augen, während ich spürte, wie Thisia sich unter meiner Klaue wand.
Verzückt seufzend lauschte ich ihrem unterdrückten, hilflosen Wimmern, das unter meiner Tatze fast völlig verstummte.
"So ein gutes Kind", seufzte ich und fühlte noch eine Weile ihren zwecklosen Kampf.
Dann öffnete ich die Augen wieder.
Langsam zog ich meine Klauen aus der klaffenden Wunde und spürte, wie Thisia sich aufbäumte.
Meine Zunge glitt wie von selbst über die Verletzung und schwelgerisch saugte ich das Blut.
Dann regte ich erneut meine Tatze und vollendete mein Werk.

Und als ich Höllensterns Felsen wieder den Rücken kehrte, ließ ich ein kleines, fast noch schlagendes Herz zurück.
Und daneben eine unbefleckte Kupferfeder.

Am Grunde eines abgelegenen Sees, gehalten von bleischweren Steinen, ließ ich den Körper zurück.
Und das war das letzte, was ich jemals von Thisia sah.


Chroma -> Insel der Krallen

Höllenstern -> Ankunft:

Ich musste brechen, mein Mageninhalt drängte bitter und scharf meinen Hals hoch, viel hatte ich gesehen, schlimme Wunden, schreckliche Wunden. Meistens hatte ich sie selbst gerissen, aber noch nie hatte es mir derartig die Galle hochgetrieben. Direkt neben der Pfütze, Lache, nein, dem Teich aus Blut hustete, würgte, erbrach ich mich, schämte mich. So viel Blut...wie passte das überhaupt in so einen winzigen Körper? Und sollte das kleine, rote Klümpchen nicht eigentlich in einer winzigen Brust unbeschwert schlagen?
"Du Schlampe.", meine Stimme war nicht mehr freundlich, ruhig, kühl oder gefasst. Oh nein, sie war gefährlich wild und rau. Mit jedem Atemzug wurde mein Maul von Funken mir bis dahin unbekannter Größe erleuchtet, während immer mehr Öl aus meinen Knochenfortsätzen floss, nicht mehr nur tropfte. "Das nächste Herz, in das ich meine Zähne schlage ist deines."
Tief schlug ich meine Fänge in das winzige Herz, warf den Kopf zurück und verschlang das Organ, noch warm, es war noch warm. Die Spur war noch frisch.
Als ich fortflog stand der Anführerfelsen lichterloh in Flammen, das - wie im Kampf um sich schlagende Orange, Rot und Gelb brüllte lauter, als ich es momentan je könnte. Der Wind griff mich gut, beförderte mich immer wieder nach vorne, ich war eine Waffe, abgefeuert und beschleunigt vom Wind, geleitet von unverständlicher Gier, einem Hass, der nicht mit gestillt werden konnte.
War diese Schlampe diesmal zu weit gegangen oder hatte sie nur gezeigt, was unter meiner Maske lauerte?

Höllenstern -> Insel der Krallen

Chroma -> Ankunft

Chroma

Versonnen lächelnd landete ich auf Höllensterns Felsen.
Ruhig war es hier, wie immer.
Mein Liebster war nicht da, er hielt sich wohl noch immer bei dieser "alten Freundin" auf.
Nun, was kümmerte es mich?
Der große, rostbraune Fleck war noch immer zu sehen, und ich glaubte fast, noch ein wenig von Thisias Geruch zu erhaschen.
Ich machte es mir in einer Ecke gemütlich, legte den Kopf auf meine Pfoten und schloss die Augen.
Es würde noch etwas dauern, bis zum Treffen der Heiler.

Höllenstern -> Ankunft

Ich kam wohl nur knapp nach Chroma an, denn ihr Geruch war noch flüchtig. Angewidert rümpfte ich die Nüstern.
"Wasch dich das nächste mal, nachdem du wieder die Hure gespielt hast."

Chroma

Träge öffnete ich ein Auge und lächelte Höllenstern an.
Seltsam, normalerweise schien niemand anderen Geruch als meinen eigenen an mir wahrzunehmen.
"Du gönnst einer Frau nicht ihren Spaß, was?
Aber besonders aufgeräumt ist es hier ohnehin nicht."
Vage deutete ich auf den getrockneten Blutfleck.
Höllenstern selbst roch wie immer.
Ob seine Freundin ihn abgewiesen hatte und er deshalb so missmutig war?

Höllenstern

"Ich mag den Geruch ihres Bluts. Außerdem war es ein Geschenk, das kann man nicht einfach so fort werfen. ", erwiderte ich ätzend und peitschte mit dem Schweif.