Nordlied:

"Shhh. Ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung.", ich flüsterte die Worte nicht nur um Mondjunges zu beruhigen, die Angst zu nehmen, sondern auch um mich selbst einzulullen. Sanft drückte ich den kleinen Körper an meine Brust, konnte fühlen wie ihr Herz mit dem meinen in einem panischen Einklang schlug. "Ganz ruhig, Kleines. Es ist alles in Ordnung."

Nordlied:

Irgendwo in meinem Inneren regte sich Mitgefühl, für diesen Jungen. Impulsiv hatte er gehandelt und prompt zeigte das Schicksal seine harte Rückhand. Ich stieß einen tiefen, brummenden Laut aus, eine Mischung aus kehligem Schnurren und beruhigendem Gurren.
"Bitte geh.", bat ich. Wenn er jetzt blieb, so würden vermutlich nur noch mehr Fehler gemacht werden. Noch mehr Ängste heraufbeschworen.

Nordlied:

Der weißgoldene Drache ging, ich horchte, doch vernahm ich nichts, was darauf hindeutete, dass er noch in der Nähe war. Gut. Mein Misstrauen war berechtigt gewesen.
Oder war es das nicht? Immerhin hatte ich diese Reaktion herausgefordert, mit meiner dumpfen Frage nach der Identität der Angreifer. Als ob dadurch, durch dieses Wissen irgendwas in der Vergangenheit hätte ungeschehen werden können. Wie dumm, wie unglaublich naiv. Leise summte ich ein altes Wiegelied, meine Mutter hatte es mir immer vorgesungen, wenn ich als Küken nicht gut schlafen konnte. Genau so wie sie es von ihrer und die von deren Mutter es gehört hatte.

Nordlied:

Mondjunges beruhigte sich langsam, was mir ein erleichtertes Schmunzeln entlockte. Musik half immer. Schon meine Mutter vertrat die Ansicht, dass Kinder am meisten schätzten, was diese gesungenen Laute, zu Melodien verflochtene Töne ausdrücken wollten. Die Geschichten am besten verstanden, besser sogar als der Komponist selbst.
"Als ich klein war, hat meine Mutter mir oft vor dem Schlafen gehen dieses Lied vor gesungen. Ich erinnere mich nicht mehr an den Text, wohl aber an die Melodie und die Geschichte, die es erzählte."

Nordlied:

Das Brüllen ging mir durch Mark und Bein. War es ein Fehler gewesen, den Jungen weg zu schicken? Aber ich musste doch auch an Mondjunges denken. Sie hatte doch Angst gehabt. Angst, weil sie die meine gewittert hatte. Weil sie dachte, Goldschimmerklaue würde mich verängstigen, hatte sie instinktiv meine Reaktion kopiert. Hatte mein Mentor mir den gar nichts bei gebracht? Oder war ich zu beschäftigt gewesen, mich in meinem Selbstmitleid zu suhlen?
"Möchtest du die Geschichte des Liedes hören?", fragte ich, wollte ablenken von meinen, sich häufenden Fehlern.